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von
Daniel Hörmann
Gelsenkirchen (dpa) Bundesjustizministerin Christine Lambrecht spricht von «dumpfem Rassismus», die DFB-Ethikkommission und der eigene Verein beraten über Konsequenzen: Die Kritik an Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies nach dessen umstrittenen Aussagen über Afrikaner wächst und der Ton wird dabei schärfer.
Kritiker aus Politik und Sport nennen den verbalen Fehltritt des Fleisch-Unternehmers «deplatziert», «primitiv» oder «rassistisch». Sogar eine Amtsenthebung erscheint nicht ausgeschlossen. Der Schalker Ehrenrat hätte die Befugnis dazu.«Wir müssen ganz klar machen: Wir lassen uns nicht spalten.
Rassismus muss man überall laut und deutlich widersprechen: in sozialen Netzwerken, im Verein, im Job und auf dem Fußballplatz», sagte die SPD-Politikerin Lambrecht der Funke Mediengruppe.
Rücktritt als einzige Alternative?
Ihre Forderung nach einem Eingreifen des DFB wurde noch am Sonntag erfüllt. Der Vorsitzende der DFB-Ethikkommission, Nikolaus Schneider, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Aussagen bei der nächsten Sitzung am 15. August Thema sein werden. «Die öffentliche Wirkung ist schlimm», sagte der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Das dreiköpfige Gremium kann selbst keine Strafe gegen Tönnies aussprechen, den Vorfall aber zur Anklage bei der DFB-Gerichtsbarkeit bringen.
Am Samstag hatte Tönnies schon klare Kritik von DFB-Interimschef und Ligapräsident Reinhard Rauball bekommen. «Ich war sehr überrascht, dass ihm das so passiert ist, und das kann man nicht durchgehen lassen, kommentarlos», sagte Rauball nach dem Supercup in Dortmund.
Das war passiert
Tönnies hatte beim Tag des Handwerks in Paderborn als Festredner Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel kritisiert. Stattdessen solle man lieber jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren. «Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren», sagte Tönnies. Für diese Aussagen hatte er sich später entschuldigt.
Für die meisten Vertreter aus Politik und Sport sind die Aussagen unentschuldbar. «Es ist beschämend, dass ein Mann in einer solchen Funktion eine solche Aussage trifft», sagte Ex-Profi Otto Addo der dpa: «Das ist mehr als ein dummer Spruch. Denn was mich noch mehr stört als der Spruch ist das Gedankengut, das dahintersteckt. Und dann rutscht so etwas eben mal raus. Das ist primitiv und zeugt von Unwissen.»
Kritik von allen Seiten
Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, sagte der «Welt am Sonntag»: «Die am folgenden Tag veröffentlichte Klarstellung durch Herrn Tönnies kann den gesellschaftspolitischen Schaden sicher nicht wettmachen.»
Während Sylvia Schenk, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International Deutschland, bei Tönnies eine «hoch problematische Geisteshaltung» erkannte, warf Andreas Rettig, scheidender Geschäftsführer des Zweitligisten FC St. Pauli, diesem eine «Gutsherren-Mentalität» vor.
Ex-S04-Profi Hans Sarpei hatte die Aussagen als «rassistische Bemerkungen» bezeichnet und das «Weltbild eines Großwild-Jägers» erkannt, «der ausgestopfte Baby-Elefanten auf seinem Hof als Trophäen präsentiert, auf Arbeitszeitfirmen mit günstigen ausländischen Arbeitskräften setzt und Putin den Hof macht.» Eintracht Frankfurts Präsident Peter Fischer sagte der «Bild»: «Ich bin sprachlos. Dazu fällt mir nix mehr ein.»
Schalke-Fans drohen mit Austritt
In den sozialen Medien drohen erste Fans mit Vereinsaustritt, sollte der seit 2001 amtierende Tönnies Club-Chef bleiben. Mit dem Leitbild des Vereins sind Tönnies‘ Aussagen nicht vereinbar.
Noch auf der Mitglieder-Versammlung am 30. Juni hatte Finanzvorstand Peter Peters konkret zum Thema Rassismus darauf hingewiesen und erklärt: «Danach leben und danach handeln wir! Alle, die nicht für die königsblauen Werte einstehen, sind keine Schalker!»
Darauf Bezug nehmend twitterte die Schalker Fan-Initiative. «Den Rassismus können wir nicht durchgehen lassen.» Und weiter: «Jemand, der unseren Verein repräsentiert, darf solche Gedanken nicht mal in sich tragen. Der Verein muss jetzt ein Zeichen setzen und Konsequenzen ziehen! Wir stellen uns die Frage, was Peter Peters Worte von der Mitgliederversammlung sonst wert sind.»